TOKOLive 08 - Bericht

ImageDa ich versprochen habe, einen Abschlußbericht zu schreiben will ich dies jetzt auch tun. Ich bin mittlerweile 2 Wochen zuhause und muss gestehen, dass es mir unsagbar fehlt mit den Kids die Zeit zu verbringen. Während der TOKOLive habe ich mir mal die Frage gestellt, ob ich auch Lust hätte ein normales Camp zu machen, also mit Kids die keine Dispositionen wie ADHS oder Asperger haben, ich kann es mir offen gesprochen überhaupt nicht vorstellen, da ich glaube, dass es mir viel zu langweilig sein würde.

ImageDiese Jahr, muss ich gestehen, war es mit Abstand die beste TOKOLive, es liegt sicher auch daran, dass wir in den letzten Jahren so viele Erfahrungen machen konnten, die uns halfen Fehler zu erkennen und es einfach besser zu machen. Es liegt sicher auch an der Organisation, die Abläufe und sicher auch an den Betreuern, die die gleichen Erfahrungen machen konnten wie wir. Aber auch die Kids, insbesondere die Wiederkommer, wissen ja was auf sie zukommt und das macht es allen einfach leichter.


ImageIn diesem Jahr waren viele Kids da, die schon von Anfang an dabei sind, es ist unglaublich zu beobachten, wie sich die Kids gemacht haben, ich habe ja schon im ersten Bericht geschrieben, dass ich richtig stolz bin und ich bin es immer noch, sogar noch viel mehr... In den letzten Tagen, wenn ich mit Oskar und lauter Musik über meinen iPod durch den Wald gehe, träume ich davon, dass grade diese Kids, irgendwann Betreuer auf unseren TOKOLive Freizeiten werden, ich meine der Traum geht eh noch viel weiter, endlich einen eigenen Hof, wo wir dann das ganze Jahr über die Freizeiten anbieten können, der Traum geht sogar noch weiter, am liebsten hätte ich Austragungsstätten in ganz Deutschland, Norden, Süden, Westen, Osten und genau in der Mitte aber schauen wir einfach mal, was die Zukunft dem TOKOL e.V. noch alles bescheren wird. Aber über eines bin ich mir sicher, wenn es dann gute Betreuer geben soll, sind die Kids der letzten Freizeiten am besten dafür geeignet.

ImageEs gibt von der TOKOLive 2008 soviel Cooles zu berichten, dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll, oft sind es die kleinen Momente die so unbezahlbar sind, sei es Kinder die zuhause kaum soziale Kontakte haben und bei uns aufblühen wie rote Rosen in ihrer schönsten Blüte, sei es Freundschaften die entstehen und bestand haben, sei es die Gespräche über die Probleme, die die Kinder plagen und das daraus resultierende Erfolge sichtbar werden, sei es das Lachen der Kinder oder auch die Anrufe der Mütter und Väter, wie geht es meinem Kind, es meldet sich ja gar nicht...

ImageEs ist wie bei allen Freizeiten, ich sehe mich immer wieder in so unglaublich vielen Situationen selber als Kind und kann so unglaublich viel nachempfinden, was für mich ja eigentlich eher ein Problem darstellt, also das Nachempfinden, hier ist es einfach anders. viele der Reaktionen basieren nur auf Angst, Angst davor ausgegrenzt zu werden, Angst davor wieder mal nicht verstanden zu werden, Angst davor wieder mal falsch zu reagieren, Angst davor wieder mal ausgelacht zu werden, Angst davor wieder mal anders zu sein als die Anderen. Das alles passiert eben nicht auf der TOKOLive, hier sind Alle gleich aber um das zu verstehen und zu verinnerlichen, vergehen einige Tage, insbesondere für die neuen Kids ist es teilweise nicht nachvollziehbar, warum gibt es keinen Ärger, warum werde ich nicht ausgegrenzt, warum werden ich nicht Nachhause geschickt... All diese Umstände müssen erstmal erlernt werden, dass bedeutet teilweise Grenzen auszutesten, dass es schon weh tut. Nach ein paar Tagen ist es dann anders, nach vielen Gesprächen, Beteuerungen durch die Betreuer aber auch Gespräche mit den Kids, die die TOKOLive schon länger kennen, kehrt Ruhe ein, Sicherheit macht sich breit und dass miteinander ist harmonisch und friedvoll. Klar gibt es ab und zu noch mal Ärger aber was wäre das Leben ohne das... Richtig, stinklangweilig...!

ImageEines ist auf der TOKOLive immer gleich und uns zeigt es das wir damit einfach Erfolg haben, Strafen gibt es keine, es gibt nur Konsequenzen und wenn diese dann getragen wurde, wird nicht mehr darüber gesprochen, wozu auch, man hat gelernt und weiß beim nächsten Mal gleich was passiert... Eine Geschichte ist dafür ein gutes Beispiel. Zimmer 3... als wir das Zimmer übernommen haben, war alles funktionsfähig, saubere Wände, heile Lampen, heile Betten, in der 3. Freizeit war das dann nicht mehr der Fall, Bananen an der Wand, eingetretene Wände, kaputte Betten, zerstörte Lattenroste und demolierte Schränke, ich denke nicht das es mit roher Gewalt passiert ist oder gar mutwillig, es ist eben passiert, z.B. wenn man mit einem Schuh das Licht ausmachen will weil man zu faul ist aufzustehen, dann kann es eben mal passieren, dass die Rigipswand einbricht oder wenn ein Stuhl durchs Zimmer fliegt, hinterlässt das mitunter mal Löcher in der Wand und eine Banane an der Wand, hinterlässt nun mal ekelige Spuren und geht auch nicht von alleine wieder weg.

ImageIn den ersten beiden Freizeiten gingen insgesamt 29 Betten zu Bruch und mit zu Bruch meine ich wirklich zu Bruch, es war mir irgendwann richtig peinlich ständig den Hausmeister anzurufen und darum bitten, die Betten wieder zu reparieren, also haben wir eine Sammlung bei den Kids gemacht um Schrauben und einen Akkuschrauber zu kaufen, so konnte ich die Betten wieder reparieren, dass wirkte, auch wenn die Zahlung der Kids freiwillig war, ging es an ihr Geld und das zerstören der Betten ließ nach. In der 3. Freizeit haben wir dann einfach eine weitere Regel aufgenommen, wer mutwillig Betten zerstörte musste eben 5 Euro Strafe für die Reparatur zahlen, auch das ging prima. Aber Zimmer 3 war echt der Hammer, dass hätten wir nie im Leben so zurückgeben können.

ImageAlso musste eine Konsequenz her, wir haben uns als Betreuer beraten und die Lösung gefunden, es gab zwei Möglichkeiten zur Auswahl, entweder sagen wir den Eltern Bescheid, dass jeder ca. 80 - 100 Euro für die Reparatur zahlen muss oder wie renovieren das Zimmer selber, wir gaben den Kids einen Tag zum überlegen und ließen sie selber entscheiden. Wir einigten uns dann auf das selber renovieren, denn dass Zimmer musste wirklich wieder hergestellt werden. Also gingen Cori und ich in den Baumarkt einkaufen, Rigipsputz, Wandfarbe, Werkzeug und alles was man dafür brauchte wurde gekauft. Nicht alle Kids hatten Bock darauf, so dass sich Zwei aus dem Staub machten, gut... Dafür durften die beiden Abends beim Stockbrot eben nicht mitmachen aber die Anderen 4 waren voll bei der Sache. Das Resultat dieser Aktion, war ein absolut herzeigbares Zimmer, reparierte Betten und Lampen, heile Schränke aber vor allem, 4 unglaublich stolze Jungs, die zum einen ihre Konsequenz aus der Sache gelernt haben, etwas zu Ende gebracht haben und einen riesen Spaß bei der Sache hatten. Man muss dazu anmerken, dass es Cola zum trinken gab, die Mädels ständig vor der Tür zuschauten, die Betreuer vorbeikamen und in großen Tönen lobten und einige der anderen Kids sogar freiwillig mitmachen wollten, was wir aber nicht zuließen. Wir waren für diesen Tag eine eingeschworene Gemeinschaft, die ihren Spaß hatten und einen absolut coolen Job abgeliefert haben, was Alle anerkennend bemerkten.

ImageMir hat es übrigens auch riesigen Spaß gemacht, ok es war nicht die ganze Zeit leicht, denn die anderen Kids waren derweil Draußen im Pool und hatten auch ihren Spaß aber ich glaube, als wir dann Alle im fertigen Zimmer standen, war der Erfolg mehr wert als das öde plantschen im Pool... Am liebsten würde ich noch viel mehr schreiben aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass dies nicht einfach ist, es ist was anderes dabei zu sein und zu erleben wie alles ist, es sind so viele tolle Erfahrungen die man in keinem Buch findet, die stehen nirgendwo. Manchmal denke ich, wenn uns geschulte Pädagogen bei der Arbeit beobachten würden, sie würden die Hände vor dem Kopf zusammenschlagen und fragen was wir da machen, ich kann es oftmals selber nicht erklären, ich kann es auch schwer beschreiben, denn oftmals ist es Situationsabhängig, es ist immer wieder erstaunlich zu was man fähig ist, wenn die Angst der treibende Motor ist aber viel interessanter ist es wenn diese Angst verfliegt und Sicherheit eintritt.

ImageDie Kids sagen immer zu mir, ich sei viel zu streng und wenn ich dann nachfrage heißt es gleich aber du bist gerecht. Ob ich das bin weiß ich gar nicht, ich habe selber ADHS und manchmal reagiere ich eben auch impulsiv, ich glaube einfach, dass das Verständnis über ADHS, Asperger und Hochbegabung, was auf unserer Freizeit bei allen wächst, der treibende Motor der ganzen Feizeit ist, wenn es ärger gegeben hat, haben wir immer ein Meeting mit den Kids gemacht, dort reden wir sehr offen über die Probleme, manchmal frage ich wer von den Kids das Gefühl kennt nicht mehr leben zu wollen und wenn ich ehrlich bin, sind es meist 80% der Kids die den Arm heben. Ich finde das beachtlich. Ich würde niemals sagen, dass sie gefährdet sind, denn das sind sie nicht. Ich kenne diesen Wunsch von mir selber aus meiner Kindheit, er ist getrieben durch das Gefühl in der Masse einsam zu sein, nicht verstanden zu werden, zu denken alle Anderen sind anders, die Angst wieder nicht dazu zu gehören...

ImageDie Tatsache, dass es soviel Kids sind, die sich bei solchen Fragen melden, gibt allen noch mehr Sicherheit und nimmt die Angst endlich nicht mehr allein zu sein, endlich verstanden zu werden, endlich so genommen zu werden wie man ist, sein zu dürfen ohne sich erklären zu müssen. Einfach angekommen zu sein... Ich freue mich jetzt schon auf die nächste TOKOLive 2009, bisher sind 35 feste Anmeldungen eingegangen, was uns nur bestätigt, selbst die ersten Anzahlungen sind schon auf unserem Konto eingegangen, ich werte das als ein riesengroßes Vertrauen in uns und den TOKOL e.V. und ich bin maßlos stolz darauf, was aus unserem Verein geworden ist, sei es durch die Freizeiten, die Stammtische, unser Forum und die vielen Menschen, die alle dazu beigetragen haben, dass wir Menschen helfen können, die durch unsere Erfahrungen, sei es im eigenen Leben aber auch durch unsere Freizeiten und andere Akitvitäten, profitieren können...

ImageIn diesem Sinne möchte ich meinen Bericht schließen, auch wenn ich noch endlos weiterschreiben könnte, würde ich mich immer nur wiederholen, ich würde die Situationen nur mit anderen Beispielen umschreiben... Aber über eines freue ich mich jetzt schon maßlos, ich bin gespannt wie die Kids im nächsten Jahr drauf sind und inwieweit sie sich verändert haben, an dieser Stelle sei mal angemerkt, dass sich bisher keins unserer Kinder zum negativen verändert hat, im Gegenteil alle sind gewachsen, reifer geworden und fühlen sich bei uns wohl, genauso wie ich es tue und dafür kann man gar nicht genug Danken!

Mit besten Grüßen
Jochen
Back to Top